Flügelschlag (26) – Der deutsche Rumi

Mit dem Namen Allahs, des Lebensspenders, dem Besitzer des Todes,

einer der Hauptgründe für Streitigkeiten ist es, dass wir dieser Welt zu viel Wert beimessen. Gott sagt im Koran: „Und vergiss nicht deinen Anteil am Diesseits.“ (Koran, 28/77)

Wir haben uns so sehr auf den Anteil dieser Welt fokussiert, dass der Anteil an der jenseitigen vergessen wird. Jeder Anflug von Bemühung für das Jenseits wird als „extrem“, „radikal“ und „übertrieben“ abgetan. Aus diesem Grund fällt es uns schwer Novalis zu verstehen, wenn er sagt: „Im Tode ist die Liebe am süßesten; für den Liebenden ist der Tod eine Brautnacht – ein Geheimnis süßer Mysterien.“

Novalis ist sich des Jenseits gewiss. Er zweifelt nicht im geringsten an der Existenz. Aus diesem Grund lebt er in dieser fleißig, doch mit dem Herzen ist er im Jenseits, bei Gott, bei seinem wahren Geliebten. In Sophie von Kühn hat er in Wirklichkeit Gott geliebt. Denn durch sie wurde er zu einem besseren Menschen.

„Wenn ich wunde Herzen heile, 
Jede Stunde besser bin,
Nie im Guten lässig weile,
Dieses Lob nimm dir dann hin.“

Den Tod zu lieben scheint in der Theorie weltabgewandt, ist es aber in der Praxis nicht. Mit Körper in dieser welt, mit dem Herzen in der nächsten; das ist Novalis. Das ist es, was wir als Muslime vor allem in Deutschland wieder lernen müssen. Denn den Tod als Hochzeit mit Gott anzusehen, das ist Rumi! Schebi Arus! Und Novalis vertritt als deutscher Dichter eben dieses Lebensgefühl… Wer dies begreift, weiß, was auf Erden geschieht, ist weder gut noch böse, wie ich darauf reagiere, ist es. Was tue ich, wo und mit wem ist mein Herz währenddessen? Das ist die Frage des wirklichen Romantikers…

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